Simmeraths
Bürgermeister blickt zurück :
„Ich habe mein Scherflein beigetragen“,
sagt Karl-Heinz Hermanns
Karl-Heinz Hermanns
blickt auf seine Amtszeit als Bürgermeister zurück

Knapp ein Jahr lang wird Karl-Heinz Hermanns noch Bürgermeister
der Gemeinde Simmerath sein.
Was er dann mit seiner Freizeit anfangen
will, verrät er im Interview. Foto: Andreas Gabbert
Vor zehn Jahren
wurde Karl-Heinz Hermanns Bürgermeister
der Gemeinde Simmerath; im kommenden Jahr noch einmal antreten will
er nicht. Im Interview spricht er über seine schönsten und
schlimmsten Tage, Begegnungen und Zukunftspläne.
Von Andreas Gabbert
Redakteur
Seit zehn Jahren
ist Karl-Heinz Hermanns Bürgermeister der Gemeinde
Simmerath. Anfang November hat er bekanntgegeben, dass er bei der Kommunalwahl
im kommenden Jahr nicht mehr kandidieren wird. Am 31. Oktober 2020
ist formell der letzte Arbeitstag des 62-Jährigen. Wir haben mit
ihm über seine Erfolge und Fehler, wichtige Entscheidungen und
Projekte, die schönsten und die schlimmsten Tage seiner Amtszeit,
Begegnungen mit den Bürgern und seine Pläne für die
Zukunft gesprochen.
Wie
fühlen Sie sich, nachdem Sie bekanntgegeben haben, dass Sie
nicht mehr für das Amt des Bürgermeisters kandidieren wollen?
Hermanns: Ich bin
ja noch fast ein Jahr lang Bürgermeister, und
wer mich kennt, der weiß, dass ich mich bis zum Ende im Rahmen
meiner Möglichkeiten voll einsetzen werde. Daran wird sich nichts ändern.
Viele Menschen haben mich danach angesprochen, und ich habe auch eine
Reihe von Mails erhalten, in denen bedauert wird, dass ich aufhöre.
Das freut mich natürlich, aber die Entscheidung ist gefallen.
Was
unterscheidet den Karl-Heinz Hermanns, der im kommenden Jahr in
den Ruhestand gehen
wird, von dem, der im Jahr 2009 das Amt übernommen
hat?
Hermanns: Der Unterschied
ist, dass ich in zehn Jahren als Bürgermeister
natürlich eine Menge Erfahrung gesammelt habe. Aber eins ist gleich
geblieben. Ich setze mich heute noch genauso gerne und intensiv für
die Menschen ein wie früher. Ein Unterschied ist auch, dass ich
heute ein viel größeres Netzwerk habe. Ich kenne eine Menge
Menschen, die sich auf meine Bitte hin für Simmerather Interessen
einsetzen.
Was werden Sie vermissen?
Hermanns: Ich werde
sicherlich vermissen, manches zumindest ein bisschen beeinflussen
zu können. Das wird mir schwerfallen. Es gibt doch
eine Menge Punkte, in denen man helfen kann. Jeden Donnerstag kommen
Menschen zu mir in die Bürgersprechstunde. Ich werte es als positiv,
dass sie mich als Ansprechpartner wählen. Manche kritisieren mich
oder die Gemeinde. Die meisten kommen aber mit der Bitte um Hilfe oder
einen Rat von mir. Es gibt als Bürgermeister kaum etwas Schöneres
als wenn man dem sogenannten kleinen Mann oder kleinen Frau helfen
kann. Das ist manchmal anstrengend, aber auch einfach schön.
Und was wird Ihnen garantiert nicht fehlen?
Hermanns: Bürgermeister zu sein, ist auch eine anstrengende Funktion.
Ich habe oft 50 bis 60 Stundenwochen über sieben Tage hinweg.
Wenn ich in Zukunft weniger unter Zeitdruck stehe, wird mir das bestimmt
nicht fehlen.
In
ihrer Amtszeit ist viel passiert, an dem Sie auch ihren Anteil
hatten. Die Geburtshilfestation
der Eifelklinik wurde gerettet. Die
Grundschule in Kesternich und die Hauptschule wurden geschlossen, die
Sekundarschule wurde ins Leben gerufen. Es gab Streit mit der Nachbarkommune
um die Gewerbeentwicklung. Sie haben versucht, zu laute und rasende
Motorradfahrer auszubremsen. Der Rathausplatz wurde saniert, und in
Lammersdorf ein neuer Windpark gebaut. Die Finanzlage der Gemeinde
ist gut und der Zentralort auf dem Weg zu einem Ort mit eher städtischer
Prägung. Fehlt aus Ihrer Sicht etwas in dieser Aufzählung?
Hermanns: Ich glaube,
dass ich dem Ehrenamt einen noch größeren
Stellenwert gegeben habe durch die Einführung des Simmerather
Tags des Ehrenamtes. Den hat es vorher nicht gegeben. Die Idee habe
ich von Monschaus ehemaligen Bürgermeister Theo Steinröx
abgekupfert und überlegt, was man noch zusätzlich machen
könnte und deshalb den Bürgermeister-Ehrenpreis eingeführt.
Der wird in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben. Das hat enormen Zuspruch
bei der Bevölkerung erfahren.
Was
ist Ihrer Meinung nach der wichtigste der eben aufgezählten
Punkte?
Hermanns: Die wichtigste
Einrichtung in Simmerath ist das Krankenhaus. Wenn eine Schule oder
eine Firma schließt, ist das ein riesiger
Verlust. Der Verlust des Krankenhauses könnte aber nicht kompensiert
werden. Deshalb habe ich mich so für den Erhalt der Geburtshilfestation
eingesetzt.
War
das auch ihr größter Erfolg?
Hermanns: Ich habe mein Scherflein dazu beigetragen. Da haben aber
viele ihren Anteil dran gehabt.
Das heißt, das war auch mit eine der wichtigsten Entscheidungen
für die Gemeinde Simmerath?
Hermanns: Das war definitiv eine der wichtigsten Entscheidungen, vielleicht
sogar die wichtigste.
Welche Entscheidung ist Ihnen in Ihrer Amtszeit denn am schwersten
gefallen?
Hermanns: Ich habe
wirklich Tage lang darüber nachgedacht, wie
ich mich zur Grundschule Kesternich positioniere. Finanzielle Gründe
haben dabei in keinster Weise eine Rolle gespielt. Ich glaube nach
wie vor, dass die Schließung die richtige Entscheidung war. Simmerath
wird auch in Zukunft drei zweizügige Grundschulen haben, die gut
ausgebaut sind und wo die Kinder optimale Lernbedingungen vorfinden.
Dann ist das der richtige Weg. Außerdem konnten wir in dem Gebäude
den Kindergarten unterbringen. Das ist auch eine positive Entwicklung
für Kesternich, sonst hätte es Probleme gegeben, die große
Zahl von Kindern zeitnah und so zentral unterzubringen.
Was
hätten Sie noch gerne erreicht? Welche Projekte hätten
Sie noch gerne umgesetzt?
Hermanns: Mein
Team und ich arbeiten momentan noch an mehreren großen
Projekten, die noch nicht so in der Öffentlichkeit stehen. Ich
hoffe, noch das ein oder andere zumindest ansatzweise umsetzen zu können.
Darauf möchte ich aber noch nicht näher eingehen. Eigentlich
bin ich sehr zufrieden mit dem, was bisher erreicht wurde. Wenn das
alles so kommt, ist Simmerath wirklich auf einem guten Weg.
Auf welche Leistungen sind sie stolz?
Hermanns: Ich freue
mich darüber, dass wir die Steuersätze
nach wie vor moderat festsetzen konnten, und dass es auch in den nächsten
Jahren bei unveränderten Steuersätzen bleiben wird. Ansonsten
freue ich mich, dass wir im Schulbereich mit den anderen Kommunen -
Monschau, Roetgen und Hürtgenwald – gemeinsam unterwegs
sind, genauso wie zum Beispiel auch im Tourismusbereich, wo wir weit über
die Gemeindegrenzen sehr gut zusammenarbeiten. Das ist nicht selbstverständlich
und wird oft auch nicht so wahrgenommen.
Haben Sie auch Fehler gemacht?
Hermanns: Ich habe
sicherlich auch Fehler gemacht. Wer kann schon von sich behaupten,
keine Fehler zu machen? Im Nachhinein fragt man
sich, ob man mit einem Bürger oder einem Politiker manchmal zu
streng ins Gericht gegangen ist. Vielleicht habe ich mit einer Aussage
auch mal jemanden verletzt. Dann ist das aber im Eifer des Gefechts
geschehen, weil ich auch engagiert für meine Positionen werbe.
In
der Öffentlichkeit schien das Verhältnis zur Stadt Monschau
nicht immer das beste zu sein – auch wegen des Streits um die
Gewerbeentwicklung. Ist das wirklich so?
Hermanns: Ich hätte mir gewünscht, dass es damals im Kauflandstreit
anders gekommen wäre. Vieles wird ja auch an Margareta Ritter
und mir festgemacht. Wir arbeiten aber besser zusammen als es manchmal
in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Wir arbeiten im Tourismus
zusammen, wir arbeiten im Schulbereich zusammen, im Bereich der Volkshochschule,
im Perlbachverband und teilen uns die Aufgaben auf. Was viele auch
nicht wissen, ist, dass wir drei Eifeler Bürgermeister - Frau
Ritter, Herr Klauss und ich – treffen uns regelmäßig
allein ohne Mitarbeiter und besprechen Eifeler Themen. Das empfinde
ich als eine gute Sache. Aber ich will auch nicht verhehlen, dass die
Zusammenarbeit noch intensiver sein könnte. Das ist einfach so.
Ich hoffe, nachdem der Kauflandstreit jetzt beigelegt ist, dass es
noch intensiver wird.
Welchen
Tag würden
Sie gerne noch mal erleben?
Hermanns: Die beiden
Tage, an den ich von den Bürgern gewählt
wurde. Das waren natürlich schöne Tage für mich, als
die Bürger mir ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Aber auch der
30. Juni 2018, ein Samstag. Um 10 Uhr rief der damalige Leiter der
Eifelklinik bei uns zu Hause in Rollesbroich an und verkündete,
dass genügend Verträge mit Hebammen geschlossen wurden, und
dass die Geburtshilfeabteilung bestehen bleiben kann. Das hat mich
sehr gefreut, weil ich in den Tagen zuvor auch an die körperliche
Leistungsgrenze geraten bin, so viele Telefonate und Gespräche
hatte ich in den Tagen zuvor geführt. Das war schon eine tolle
Sache, als dann der Anruf kam. Zu diesem Erfolg haben viele beigetragen,
wofür ich ihnen danke.
Und
welchen Tag würden Sie gern streichen, wenn Sie die Zeit
zurückdrehen könnten?
Hermanns: Das ist
der Tag, als die Entscheidung fiel, die Grundschule in Kesternich
zu schließen. Aus meiner Sicht gab und gibt es
aber keine Alternative.
Wie sind Ihnen die Menschen begegnet?
Hermanns: Wenn
sie wie ich in zehn Jahren mehrere Hundert Einladungen zu Veranstaltungen
bekommen haben, dann hab ich schon mal gedacht:
Oh Mensch, das sind doch viele Termine. Im Endeffekt hat das aber doch
gezeigt, dass viele Vereine und damit auch viele Menschen meinen Besuch
gewünscht haben. Das hat mich einfach gefreut. Wenn ich über
die Straße gehe, werde ich immer wieder von Menschen angesprochen,
und sei es nur mit einem freundlichen Gruß, so sind mir fast
alle diese Begegnungen in positiver Erinnerung geblieben. Deshalb fällt
es mir auch schwer, dieses Amt aufzugeben.
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Welche
Begegnung hat Sie besonders berührt?
Hermanns: Das waren
unter anderem die Momente, wenn ich die Bürgermeister-Ehrenpreise überreicht
habe. Das waren durchweg alles sehr emotionale Momente. Es waren aber
auch die Momente als ich hier in meinem Büro mit sogenannten kleinen
Leuten oder Menschen mit Behinderung saß, für die es etwas
ganz Besonderes war, mit dem Bürgermeister zu sprechen. Ich habe
es immer als meine Aufgabe gesehen, mich besonders für die Förderschule
einzusetzen. Diese Kinder und Eltern brauchen oftmals Hilfe von einem
wie mir, von einem Bürgermeister oder anderen Politikern, weil
sie sich selbst nicht helfen können. Ich war bei fast allen Feiern
der Förderschule dabei, um meine Wertschätzung zum Ausdruck
zu bringen. Ich möchte Streiter für diese Schule sein. Das
haben diese Menschen einfach verdient. Als klar war, dass die Förderschule
erhalten bleiben kann, war das auch einer der schönsten Tage für
mich in meiner Amtszeit.
Werden Sie sich in Zukunft noch in die Politik einbringen?
Hermanns: Das weiß ich noch nicht so genau. Ich werde sicherlich
nicht Ratsmitglied werden. Das wäre gegenüber meinem Nachfolger
unangemessen. Im CDU-Ortsverband Rollesbroich werde ich sicher weiter
Mitglied bleiben.
Was
wünschen
Sie Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin?
Hermanns: Egal
wer es wird, ich hoffe, dass es dieser Person gelingt, mit vielen
Menschen gemeinsam Simmerath positiv weiter zu entwickeln.
Wir sind ja auf einem guten Weg. Ich wünsche meinem Nachfolger,
dass er mit dem Gemeinderat und dem Team im Rathaus für die Bürger
erkennbar gut arbeitet. Ich bleibe ja auch Bürger in Simmerath
und werde die Politik sicherlich verfolgen, gerade auch die Berichte
in der Lokalzeitung und schauen, was es Neues gibt. Das ist doch klar.
Wie
sieht künftig Ihr Tagesablauf aus? Wie wird sich Ihr Tagesablauf ändern?
Hermanns: Ich glaube,
es ist auch im Sinne meiner Frau, wenn ich nicht nur zu Hause rumsitze.
Ich werde weiter meiner Dozententätigkeit
beim Studieninstitut für kommunale Verwaltung nachgehen und mich
auch im ehrenamtlichen Bereich engagieren. Aber bis dahin ist es ja
fast noch ein Jahr. Ich muss mal schauen. Nur zu Hause rumzusitzen
ist jedenfalls nicht meine Sache. Ich werde mich weiter für die
Menschen in der Gemeinde einsetzen. Nicht mehr fast jeden Abend an
Sitzungen teilnehmen zu müssen und am Wochenende eingebunden zu
sein, wird auch meine Frau freuen.